1. Mundartwettbewerb in den Schulen 2008

Mundartwettbewerb in den Schulen erfolgreich abgeschlossen

 

Vorgeschichte
Im Jahr 2003 trafen sich auf Anregung von Wulf Wager vom „Forum Volkskultur“ Mitglieder der beiden Mundartvereine „Muettersproch-Gsellschaft“ und „schwäbische mund.art“ zur Konstituierung eines Arbeitskreises „Mundart in der Schule“. Das Anliegen war, die Mundart in Schule und Unterricht zu fördern und – in Zeiten fortschreitender Globalisierung – die regionale Identität zu stärken. Als Ideen wurden damals skizziert, Mundartkünstler in den Schulunterricht einzuladen, Lehrerfortbildungen zu diesem Thema an den Akademien zu etablieren und – als Fernziel – einen Mundartwettbewerb an Schulen auszurichten.

 

Nachdem sich ausreichend Mundartkünstler bereit erklärt hatten, das Projekt zu unterstützen, wurde eine Broschüre erstellt und landesweit an den verschiedenen Schularten verteilt. Ab 2005 fanden die ersten Unterrichtsprojekte mit Mundartkünstlern an den Schulen statt. Seither haben über 100 Mundartlesungen und Begegnungen in den Unterricht Eingang gefunden. Finanziell unterstützt wurde das Projekt hauptsächlich vom Förderverein „Schwäbischer Dialekt“, vom Regierungspräsidium Freiburg und vom Freiburger Arbeitskreis Alemannische Heimat.

 

Im Frühjahr 2006 fand an der Landesakademie Calw eine Lehrerfortbildung zum Thema „Mundart in der Schule – Begegnung mit Mundartkünstlerinnen und –künstlern in Schule und Unterricht“ statt. Dort wurden auch verschiedene Unterrichtsprojekte entwickelt und zusammengestellt, die mittlerweile auf dem Landesbildungsserver (www.landeskunde-bw.de)  oder unter www.mundart-in-der-schule.de im Internet abgerufen werden können.

 

2007 wurde die Broschüre „Mundart in der Schule“ durch die Hereinnahme fränkischer Künstler erweitert und neu aufgelegt.
Mundartwettbewerb als weiteres „Highlight“
Im Frühsommer 2007 war es so weit. In ganz Baden-Württemberg wurden Grund- und Hauptschulen, Realschulen und Gymnasien zur Teilnahme am Mundartwettbewerb „naseweis und wunderfitzig“ aufgerufen. „Neugierig“, also „naseweis und wunderfitzig“, sollten die Kinder und Jugendlichen mit Mundart und Dialekt umgehen. Der Wettbewerb will das Projekt „Begegnung zwischen Mundartkünstlern und Schülern“ ergänzen und dazu motivieren, die Beschäftigung mit dem Thema „Mundart“ im Unterricht zu intensivieren. Die Aufforderung erging über Flyer und Veröffentlichungen in der Presse. Teilnehmen konnten Schülerinnen und Schüler mit Klassenprojekten oder auch mit einzelnen, individuellen Beiträgen. Die Wettbewerbsunterlagen mussten bis spätestens 15. März 2008 eingereicht werden.

 

Die Entscheidung im Einzelwettbewerb
1. Preis (500 Euro): Sophia Kaiser, Kl. 9a Gymnasium am Hoptbühl Villingen-Schwenningen für ihr Gedicht „blind“.

 

(Jury: Hier wächst ein Talent heran, auf das die „Muettersproch-Gsellschaft“ schon heute stolz sein kann).

 

2. Preis (300 Euro): Kerstin Schlote, Kl. 10 des Gymnasiums am Hoptbühl Villingen-Schwenningen für ihr Gedicht „Prinzessin vum hohe Ross“.

 

(Jury: Insgesamt bewegt sich Kerstin bereits auf einem hohen lyrischen Niveau, wobei sie auch auf eine Rhythmisierung im Ablauf der Worte achtet).

 

3. Preis (200 Euro): Simon Ziegler, Kl. 6 der Realschule Vaihingen/Enz für seinen  Mundart-Krimi „Dr Pirat uff am Gmiesbeet“.

 

(Jury: Seine Geschichte überzeugt durch Pfiffigkeit und knitzes Augenzwinkern).

 

Sonderpreis (250 Euro): Tamara Treptow, Kl. 9 des Theodor-Heuss-Gymnasiums Schopfheim für ihr umfangreiches Porträt des Mundartdichters Markus Manfred Jung.

 

Die Entscheidung im Klassenwettbewerb
1. Preis (1 000 Euro): Klasse 8 der Hauptschule Wendelsheim bei Rottenburg für ihren Krimi „Mord im Märchensee“.
(Jury: Der Krimi ist ein äußerst ehrgeiziges Projekt und im Ergebnis die mustergültige Umsetzung einer Projektidee. Die DVD überzeugt durch wechselnde Handlung, durch perfekte Schneidearbeit und durch eine gelungene Musikuntermalung. Lobenswert auch, dass wirklich bodenständige Mundart und Schriftsprache ebenbürtig nebeneinander gestellt sind. Überzeugt hat die Jury auch die Tatsache, dass die Klasse auch Bewohner in ihre Spielhandlung einbezogen).

 

2. Preis (750 Euro): Klasse 5a des Goldberg-Gymnasiums Sindelfingen für ihren schwäbischen Fernsehabend „Wia’s Äffle ond’s Pferdle zom Fernseha komma sen“. (Jury: Mit hinreißender Spielfreude und witzigen Einfällen wurde hier ein Fernsehabend gestaltet, der von der Werbung über die Nachrichten bis hin zu Rate-Shows das Medium TV karikiert und mit Augenzwinkern auf die Schippe nimmt. Mag auch der Dialekt bei den nicht Mundart sprechenden Kindern manchmal etwas schräg daherkommen, so ist ihnen der Spaß beim Umgang damit deutlich anzumerken. Ein Höhepunkt des Films ist zweifellos die Szene mit den Landfrauen, die aus einem winzigen Stückchen Teig einen „Mordshefezopf“ backen).

 

2. Preis (750 Euro): Klasse 6c der Hugo-Höfler-Realschule Breisach für ihr alemannisches Mundart-Bilderbuch.
(Jury: Im Deutschunterricht entwickelten die Schülerinnen und Schüler phantasievolle kleine Geschichten, die dann in Mundart übertragen wurden. Nebenher entstanden im Kunstunterricht prächtige Linolschnitte, abschließend wurden Geschichten und Bilder zu einem Buch zusammengestellt, das ein ganz besonderes Kunstwerk darstellt. Eine völlig andere Auseinandersetzung mit dem Thema „Mundart“ und ein überzeugendes Ergebnis).
2. Preis (750 Euro): Klasse 6e des Theodor-Heuss-Gymnasiums Schopfheim für ihr spannendes alemannisches Theaterstück mit dem Titel „Rache – Fische stinken“.

 

(Jury: Ein sehr gelungenes Projekt, das seine Spannung auch aus dem Wechsel zwischen Dialekt und Schriftsprache bezieht. So können in die Spielhandlung auch alle Schüler einbezogen werden, ohne dass ihre Sprache verfälscht wird. Des Weiteren ist hervorzuheben, dass auch altersentsprechend die jugendliche Sprechweise eingebaut wird, so dass Handlung und Sprache an keiner Stelle gekünstelt wirken, sondern im Gegenteil in jeder Situation überzeugen).

 

Sonderpreis (500 Euro)
Für das Schulkonzept der Grundschule Wiechs bei Schopfheim.
(Jury: An dieser Schule wird die Mundart im gesamten Jahresverlauf ständig gepflegt. Das belegen die eingereichten Arbeiten der Klassen 3 und 4, bei denen die Schülerinnen und Schüler Dialektwörter schriftlich in einen alltäglichen Zusammenhang bringen. Des Weiteren finden an der Schule Autorenbesuche statt, es gibt ein Mundartatelier und man besucht ein Mundarttheater in Basel. Zukünftig möchte die Schule auch ein Dialektwörterbuch anlegen und Koch- und Backrezepte im Dialekt aufschreiben).
Anerkennungspreise (jeweils 100 Euro)
Klasse 4 der Grundschule Schomburg bei Wangen im Allgäu für eine Mundartwoche.

 

Klasse 9e des Tulla-Gymnasiums Rastatt für ihre Apfelschussszene des Klassikers „Wilhelm Tell“ in verschiedene Dialekten.

 

Klasse 10b des Martin- Schongauer-Gymnasiums Breisach für den Fernsehfilm „Die Sendung für d’Katz“.

 

Klasse 10c des Martin-Schongauer-Gymnasiums Breisach für ein Drehbuch zu „Peter Lustig und das Alemannische“.

 

Fazit
Die erste Ausschreibung eines Mundart-Wettbewerbs an Schulen durch „Muettersproch-Gsellschaft“ und „schwäbische mund.art“ war ein Erfolg. Muss über den Einzelwettbewerb noch einmal nachgedacht werden, so wurden die Erwartungen vor allem hinsichtlich der Qualität der Einreichungen beim Klassenwettbewerb weit übertroffen. Wenn man sieht, wie begeistert die Schüler mit ihrer Mundart umgegangen sind und vor allem wie kreativ, dann sollte dieser Wettbewerb unbedingt eine Wiederholung bzw. Fortsetzung finden.

 

Abschließend der Kommentar einer Lehrerin in ihrem Begleitschreiben: „Es hat allen, mir eingeschlossen, großen Spaß gemacht und ich glaube, alle haben weit über den Dialektbezug hinaus viel gelernt. Wir möchten uns bei Ihnen als Veranstalter dieses Wettbewerbs bedanken.“

 

Die Jury: Hanno Kluge, Johannes Kaiser, Klaus-Dieter Reichert, Wendelinus Wurth, Dr. Wolfgang Wulz

 

Preisverleihung beim Mundartfest an den St. Ursulaschulen in Villingen-Schwenningen
Kultusminister Helmut Rau MdL ließ es sich nicht nehmen, am 31. Mai 2008 nach Villingen-Schwenningen zu kommen, um die Siegerehrung vorzunehmen. Er zeigte sich sehr angetan von der Vielfalt der Mundartprojekte, die von den Klassen eingereicht wurden. In einer gut einstündigen Veranstaltung präsentierten die Preisträger ihre Projekte, witzig angekündigt von SWR-Moderator und „Stäffelesgeiger“ Wulf Wager. Schwäbische Filmausschnitte, alemannische Gedichtvorträge und zwei Mundart-Theaterszenen sorgten für Abwechslung und zum Schmunzeln beim zahlreich erschienenen Publikum, in dem zum Teil über vierzigköpfige Delegationen der preisgekrönten Klassen stürmischen Beifall garantierten.

 

Zum Abschluss des Mundartfestes betraten dann die erwachsenen Mundart-Profis zu einem „Mundartabend Baden-Württemberg“ unter dem Motto „Wunderfitz und knitz“ die Bühne der St. Ursulaschulen. Angeführt und moderiert vom alemannischen Urgestein Wolfgang Miessmer boten Klaus-Dieter Reichert, Hanno Kluge, Toni Tauscher, Reinhold Hittinger, Wendelinus Wurth, Manfred Markus Jung und Marliese Echner-Klingmann Kostproben aus ihren Abend füllenden schwäbischen, alemannischen und fränkischen Programmen. Köstliche fein- und hintersinnige Mund.art im besten Sinn, die auch bei den im Hintergrund auf der Tribüne zuhörenden Klosterfrauen von St. Ursula auf ungeteilte Zustimmung stieß.